Anspruch auf Bezahlung von Raucherpausen?

Stand: 1970/01/01 00:00:00

Ein Beitrag zum Urteil des Landesarbeitsgerichts Nürnberg vom 05. August 2015 – 2 Sa 132/15 –.

Fall

Der Arbeitgeber hatte jahrelang geduldet, dass die Arbeitnehmer während der Arbeitszeit rauchen gehen. Das Arbeitsentgelt war wegen der zusätzlichen Raucherpausen nicht gekürzt worden. Allerdings gab es keine festen Raucherzeiten und auch keine klaren Regelungen wie oft und wie lange man rauchen durfte. Als der Arbeitgeber die Handhabung änderte, wehrte sich ein Raucher und berief sich unter anderem darauf, dass ihm ein Anspruch auf Entgelt auch für die Raucherpausen zustünde. Der Arbeitnehmer berief sich unter anderem auf eine betriebliche Übung. Aus der Duldung des Arbeitgebers über Jahre hinweg habe er schließen können, dass die Raucherpausen auch zukünftig weiter bezahlt würden. Da es niemals zu Abzügen vom Lohn wegen der Raucherpausen gekommen sei, habe er auch auf eine künftige Regelung vertrauen dürfen. Über Jahre hinweg sei die Handhabung der Raucherpausen im Umfang von durchschnittlich 60-80 Minuten pro Arbeitnehmer und Tag durch Fortzahlung der Vergütung gebilligt worden.

Es stellte sich im vorliegenden Fall unter anderem die Frage, ob sich durch die jahrelange Handhabung eine betriebliche Übung gebildet hatte, auf die sich der Arbeitnehmer auch für die Zukunft berufen konnte.

Urteil

Das Arbeitsgericht Nürnberg sah im vorliegenden Fall keinen Anspruch des Arbeitnehmers aus betrieblicher Übung.

Das Landesarbeitsgericht: Hat der Arbeitgeber während sog. Raucherpausen, für die die Arbeitnehmer ihren Arbeitsplatz jederzeit verlassen durften, das Entgelt weitergezahlt, ohne die genaue Häufigkeit und Dauer der jeweiligen Pausen zu kennen, können die Arbeitnehmer nicht darauf vertrauen, dass der Arbeitgeber diese Praxis weiterführt. Ein Anspruch aus betrieblicher Übung entsteht nicht (Landesarbeitsgericht Nürnberg, Urteil vom 05. August 2015 – 2 Sa 132/15 –, juris).

Fachanwaltstipp Arbeitnehmer

Wenn sich der Arbeitnehmer auf eine betriebliche Übung berufen will, muss er diese darlegen und beweisen. Dazu gehört auch ein konkreter Inhalt. Soweit die Handhabung durch den Arbeitgeber immer wieder unterschiedlich ist oder wie im vorliegenden Fall gar keine klaren Regelungen bestehen, wird es schwierig eine betriebliche Übung und daraus resultierende Ansprüche darzulegen.

Fachanwaltstipp Arbeitgeber

Vorsicht: wenn Sie jahrelang bestimmte Dinge in Ihrem Unternehmen gestatten, erwächst den Arbeitnehmern möglicherweise ein Anspruch daraus auch für die Zukunft. Das gilt nicht nur für die vorbehaltlose jahrelange Zahlung von Weihnachtsgeld, sondern betrifft auch die übrigen Arbeitsbedingungen. Hätte der Arbeitgeber im vorliegenden Fall jeden Tag 10 Minuten Raucherpause gestattet und bezahlt, wäre der Fall wahrscheinlich anders ausgegangen. Dann hätte sich der Arbeitnehmer nämlich auf eine konkrete betriebliche Übung berufen können. Von dieser kommt der Arbeitgeber wiederum nicht mehr so einfach weg. Der Fall zeigt gut, dass für Arbeitgeber Vorsicht nicht nur bei den vertraglichen Regelungen, sondern auch bei den praktischen Handhabung im Betrieb geboten ist. Erfahrungsgemäß sind Arbeitgeber in guten Zeiten toleranter. In Krisenzeiten fällt Ihnen das dann manchmal auf die Füße.

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