Kündigung von Mietern wegen Flüchtlingen durch die Gemeinde?

Stand: 1970/01/01 00:00:00

In den letzten Wochen geisterten Fälle durch die Presse, in denen Kommunen bzw. kommunale Wohnungsunternehmen ihren Mietern die Mietverträge gekündigt hatten, um in den Wohnungen Flüchtlinge unterzubringen. Sind solche Kündigungen wirksam?

Keine Kündigung wegen Eigenbedarfs

Der Kündigungsgrund Eigenbedarf kommt für eine Gemeinde grundsätzlich nicht in Betracht. § 573 Abs. 2 Nr. 2 BGB gestattet die Eigenbedarfskündigung nur, wenn der Vermieter die Wohnung für sich oder für nahe Angehörige benötigt. Das können Gemeinden oder gemeindeeigene Wohnungsgesellschaften nicht, da sie als juristische Personen nicht selbst bewohnen können. Angehörige haben juristische Personen naturgemäß auch nicht.

Kein Betriebsbedarf bei Unterbringung von Flüchtlingen

Auch der so genannte Betriebsbedarf greift in solchen Fällen nicht. Dieser besteht nur, wenn die Kommune die Wohnung für ihre Mitarbeiter benötigt. Ich gehe nicht davon aus, dass die Gerichte diese Fallgruppe auch auf Flüchtlinge erstrecken. Es handelt sich in diesem Fall ja nur um allgemeine öffentliche Aufgaben.

Kündigung wegen notwendiger Erfüllung von öffentlichen Aufgaben?

Es hat in der Vergangenheit Fälle gegeben, in denen die Gerichte die notwendige Unterbringung von Asylbewerbern oder Obdachlosen als Kündigungsgrund für die Gemeinde anerkannt haben. Solche Auffassungen halte ich für sehr zweifelhaft. Im Ergebnis muss das Gericht eine Interessenabwägung vornehmen. Hierbei sind die grundrechtlich geschützten Interessen des Mieters gegen die ebenfalls grundrechtlich geschützten Interessen des Vermieters abzuwenden. Als grundrechtlich geschütztes Interesse des Vermieters kommt letztlich nur die Erfüllung von öffentlichen Aufgaben, hier die Vermeidung von Obdachlosigkeit für Dritte in Betracht. Genau diesem Interesse steht allerdings das gleiche Interesse des Mieters gegenüber. Allerdings mit dem Unterschied, dass der Mieter bereits seit vielen Jahren Mitglied der Gemeinde ist. Insofern kann eine Interessenabwägung regelmäßig nur zu Gunsten des Mieters ausgehen.

Restrisiko für Mieter bleibt

Da es keine gefestigte Rechtsprechung zu dieser Frage gibt, bleibt für betroffene Mieter ein Restrisiko. Der Prozess kann unter Umständen verloren gehen.

Räumungsklage riskieren

Ich empfehle Mietern, unbedingt in der Wohnung zu bleiben und eine Räumungsklage des Vermieters zu riskieren. Auch wenn die Gemeinden unter großem öffentlichen Druck stehen, ist das Ausspielen der Interessen der Gemeindemitglieder gegen Interessen der Flüchtlinge weder politisch opportun noch medial sinnvoll. Das werden die Kommunen vermutlich noch einsehen. Auch in den Fällen, in denen Räumungsverfahren von den Kommunen durchgezogen werden, stehen die Chancen vor Gericht nicht schlecht.

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