Kann man als Arbeitnehmer die Zeit, die man fürs an- bzw. umkleiden bracht, vergütet verlangen? Zum Urteil des Landesarbeitsgerichts Düsseldorf, Az.: 9 Sa 425/15, ein Kommentar mit Philipp Modrach, wissenschaftlicher Mitarbeiter, und meinem Kollegen Volker Dineiger, Fachanwalt für Arbeitsrecht Berlin und Essen.
Ausgangslage:
Bei manchen beruflichen Tätigkeiten ist eine bestimmte Kleidung vorgeschrieben, die Arbeitnehmer zu tragen haben. Dies galt auch für einen KFZ-Mechaniker im vorliegenden Fall. Diese verlangte eine Vergütung für die Zeit von 10 Minuten, in denen er sich täglich für die Arbeit umziehen musste. Darüber hinaus wollte er auch die Zeit, die er fürs Duschen nach der Arbeit benötigte, vergütet haben.
Dazu das Landesarbeitsgericht Düsseldorf:
Das Arbeitsgericht Oberhausen hatte dem Arbeitnehmer in der Vorinstanz Recht gegeben. Das Landesarbeitsgericht Düsseldorf machte nun deutlich, dass eine unterschiedliche Beurteilung von Umkleidezeit und Waschzeit zu erfolgen habe. Im Hinblick auf die Umkleidezeit konnte sich auf gefestigte Rechtsprechung berufen werden, nach der es sich dabei um vergütungspflichtige Zeit handele, sofern die entsprechende Kleidung vom Arbeitgeber vorgeschrieben und eine private Nutzung ausgeschlossen sei.
Anders dagegen die bloßen Waschzeiten: höchstrichterliche Rechtsprechung gäbe es hier nicht. Insbesondere die Fremdnützigkeit des Waschens, sowie die individuelle Wertung, ab wann geduscht werden muss und wie lang die Waschzeit sein soll, sind hier wohl problematisch.
Das LAG Düsseldorf hat nun im Termin vom 3.8.2015 einen Vergleich angeboten: demnach soll die 10-minütige Umkleidezeit vergütet werden, die tägliche Waschzeit aber nicht. Der Vergleich kann von beiden Parteien innerhalb von 3 Wochen widerrufen werden.
Bewertung:
Die Frage der Einstufung von Umkleidezeiten als vergütungspflichtige Arbeitszeit wird noch weiterhin die Gerichte beschäftigen. Fraglich ist, ob dies so weit geht, dass auch Waschzeiten zu vergüten sind und welche Maßstäbe dabei anzuwenden sind. Sofern der Arbeitgeber das Umkleiden im Betrieb in dienstliche Kleidung vorschreibt und eine anderweitige Nutzung untersagt oder nicht zulässt, ist die Zeit, die dafür aufgewendet werden muss, eine von dem Arbeitgeber verlangte Tätigkeit, die zur Erbringung der eigentlichen Tätigkeit (der Arbeitsleistung) notwendig ist und damit zusammen hängt, und auch Arbeitszeit im Sinne des § 2 Abs. 1 ArbZG.
Fachanwaltstipp Arbeitnehmer:
Nicht jedes Umkleiden ist vergütungspflichtige Arbeitszeit. Sofern der Arbeitgeber jedoch anordnet, dass die Dienstkleidung nur im Betrieb und nirgendwo anders zu tragen sei und ein Umkleiden vor Ort anweist, dann muss er diese Zeit auch vergüten.