Ausgangslage
Der Vermieter hat, wenn ihm die Wohnung oder das Haus gehört, welches er vermietet hat, ein Kündigungsrecht nach § 573 Abs. 1 BGB, wenn er ein berechtigtes Interesse an der Beendigung des Mietverhältnisses hat. Abs. 2 Nr. 3 BGB bestimmt dann, dass der Vermieter u.a. ein berechtigtes Interesse hat, wenn er durch die Fortsetzung des Mietverhältnisses an einer angemessenen wirtschaftlichen Verwertung des Grundstücks gehindert ist und dadurch erhebliche Nachteile erleiden würde.
Fall
Das Landgericht Potsdam hatte nun folgenden Fall zu entscheiden: Die Kläger kündigten einer älteren langjährigen Mieterin den Mietvertrag. Zur Begründung führten sie an, dass sie das Mietobjekt wegen der bevorstehenden Auseinandersetzung der Erbengemeinschaft, als die sie klagten, verkaufen wollten. Es sei unrentabel und die Vermietung mindere den Wert des Objekts.
Urteil
Das Landgericht Potsdam entschied, dass „der Vermieter keine Nachteile erleiden darf, die diejenigen weit übersteigen, die dem grundsätzlichen Bestandsinteresse des Mieters im Falle des Verlustes der Wohnung entstehen. Die danach erforderliche Abwägung ist unter Berücksichtigung der Umstände des Einzelfalls und der konkreten Situation von Mieter und Vermieter zu treffen. Ein erheblicher Nachteil des Vermieters liegt vor, wenn er die Immobilie in vermietetem Zustand überhaupt nicht oder zu einem so niedrigen Verkaufserlös verwerten kann, dass ein Verkauf wirtschaftlich sinnlos wird.“
Das Landgericht führt weiter aus:
„Grundlegend ist dabei zu beachten, dass aus dem Eigentum des Vermieters wegen dessen Sozialbindung kein Anspruch auf Gewinnoptimierung oder auf eine Verwertung zum größtmöglich wirtschaftlichen Vorteil abzuleiten ist. Ein Kündigungsgrund ist erst dann gegeben, wenn die Einbuße dem Vermieter nicht mehr zumutbar ist, weil sie die Nachteile weit übersteigt, die dem Mieter im Falle des Verlustes der Wohnung erwachsen.“
Das Landgericht wog hier die Umstände des Einzelfalls miteinander ab (ältere Mieterin, Verbleib am Lebensmittelpunkt auf der einen Seite und auf der anderen Seite das Eigentumsrecht des Vermieters) und kam zu dem Schluss, dass die Interessen wohl gleichwertig sind, aber die der Kläger eben NICHT überwiegen. Deswegen stehe ihnen kein Räumungsanspruch zu.
In der Praxis scheitern solche Kündigung häufig schon daran, dass es dem Vermieter nicht gelingt eine Hinderung angemessener wirtschaftlicher Verwertung im Sinne der (mieterschützenden) Norm substantiiert darzulegen. Es reicht grundsätzlich nicht aus, dass man ohne Mieter einen höheren Gewinn beim Verkauf erzielen könnte. Das muss sich der Vermieter bei, bzw. vor der Vermietung überlegen.
Quelle
LG Potsdam, Urteil vom 10. September 2014 – 4 S 163/11 –, Rn. 13, juris
Tipp für Vermieter
Lassen Sie den Wert des Eigentums mit und ohne Vermietung vor der Kündigung von einem Sachverständigen schätzen, so ersparen sie sich im möglichen Prozess eine langwierige und teure Beweiserhebung. So wissen sie bereits vorher, ob sie eine Kündigung auf den § 573 II Nr. 3 BGB stützen können. Eine solche Kündigung wird allerdings nur im Ausnahmefall greifen. Die Wertdifferenzen müssen wirklich evident sein, die Vermietung zu einem extremen Wertverlust führen. Ich nehme immer das Beispiel, des letzten Mieters in einem Hochhaus, welches abrissreif ist. Wenn der Mieter weniger Miete zahlt, als das gesamte Haus an Betriebskosten kostet und das Haus auch bei entsprechender möglicher Vollvermietung nicht anders wäre, kann man an eine solche Kündigung denken. In der Praxis ist der Vortrag regelmäßig schwierig.
Tipp für Mieter
Wenn Sie eine Kündigung wegen der Hinderung angemessener wirtschaftlicher Verwertung bekommen, haben Sie gute Aussichten, diese erfolgreich abzuwehren. Wichtig ist, das rechtzeitig Widerspruch eingelegt wird und die Gründe umfassend dargelegt werden. Anders als (meistens) bei der Eigenbedarfskündigung, kann eine solche Darlegung bei der Verwertungskündigung die Wohnung retten.
Zum Widerspruch gegen die Kündigung nachfolgend im Video: