Antrag auf Prozesskostenhilfe erfasst im Zweifel auch nachfolgende Klageerweiterungen und einen über die Streitgegenstände hinausgehenden Mehrvergleich: zum Beschluss des Landesarbeitsgerichts Berlin-Brandenburg vom 01. Juni 2015 – 6 Ta 931/15 –.
Ausgangslage
Üblicherweise wird mit der Klageerhebung, soweit die Voraussetzungen vorliegen, auch gleich Prozesskostenhilfe beantragt. Das Problem: wird die Klage später erweitert, was im arbeitsgerichtlichen Verfahren sehr häufig der Fall ist, wird häufig nicht explizit noch einmal für die Klageerweiterung ein gesonderter Antrag auf Prozesskostenhilfe gestellt. Auch wenn es später in der mündlichen Verhandlung zu einem Vergleich kommt, in dem auch Ansprüche mit geregelt werden, die nicht Gegenstand der bisherigen Klage sind, wird häufig nicht explizit auch hierfür Prozesskostenhilfe beantragt.
Wenn der Anwalt dann gegenüber der Staatskasse seine Gebühren berechnet, wird er darauf verwiesen, dass für die Klageerweiterung bzw. die im Vergleich mitverglichenen Ansprüche nicht explizit Prozesskostenhilfe gewährt wurde. Das ist kleinkariert und ich habe gelegentlich den Eindruck, dass es einigen Rechtspflegern Spaß macht, die Anwälte hier in ihre (vermeintlichen) Schranken zu weisen. Grundsätzlich sind Anträge auszulegen und zwar in erster Linie unter Berücksichtigung dessen, was der Antragsteller vernünftigerweise gewollt haben mag. Gern vergessen wird hierbei auch, dass die Gerichte auf sachdienliche Anträge hinzuwirken haben. Das hat das Landesarbeitsgericht Berlin-Brandenburg nun erfreulicherweise noch einmal klargestellt.
Beschluss
Der Leitsatz in juris ist sehr deutlich: Im Zweifel erfasst ein einmal gestellter Antrag auf Gewährung von Prozesskostenhilfe auch nachfolgende Klageerweiterungen und einen über die Streitgegenstände hinausgehenden Mehrvergleich, ohne dass auch für diese ausdrücklich die Gewährung von Prozesskostenhilfe beantragt wird (LArbG Berlin-Brandenburg, Beschluss vom 01. Juni 2015 – 6 Ta 931/15 –, juris).
Aus den Entscheidungsgründen ergibt sich aber, dass hier zunächst nicht über die Prozesskostenhilfe entschieden worden war. Nicht klar ist, ob für den Fall, dass über die Prozesskostenhilfe zunächst entschieden wurde und anschließend die Klage erweitert bzw. ein Mehrvergleich geschlossen wird, auch solche Ansprüche vom Antrag umfasst werden.
Aus der Begründung:
Der nach § 114 Abs. 1 ZPO für die Gewährung von Prozesskostenhilfe erforderliche Antrag ist nach § 117 Abs. 1 ZPO beim Prozessgericht zu stellen und als bestimmender Schriftsatz darüber hinaus vom Antragssteller oder seinem Bevollmächtigten zu unterzeichnen. Weitere Anforderungen an einen Antrag auf Bewilligung von Prozesskostenhilfe stellt das Gesetz nicht. § 117 Abs. 2 bis 4 ZPO verlangen lediglich neben dem Antrag die Beifügung der Erklärung über die wirtschaftlichen und persönlichen Verhältnisse ohne weitere Anforderungen an den Antrag selbst zu stellen. Bestehen an den Antrag auf Gewährung von Prozesskostenhilfe nach § 114 Abs. 1 ZPO danach keine weiteren Anforderungen, kann dieser daher auch konkludent oder stillschweigend gestellt werden, wenn sich ein dahingehender Wille der Partei aus den Umständen folgern lässt (BAG vom 30.04.2014 – 10 AZB 13/14 –, NZA-RR 2014, 382; LAG Hamm vom 10.02.2014 – 14 Ta 310/13 m.w.N., juris).
Regelmäßig ist davon auszugehen, dass, solange das Gericht über den Prozesskostenhilfeantrag noch keine Entscheidung getroffen hat, dieser auch nachfolgende Klageerweiterungen erfasst (BAG a.a.O.). Ein Antragsteller erstrebt in aller Regel Prozesskostenhilfe für die gesamte Instanz, so dass von einem einmal gestellten Antrag auf Gewährung von Prozesskostenhilfe auch Klageerweiterungen und etwaige in einem Vergleich miterledigte, bisher nicht rechtshängige Gegenstände erfasst werden (BAG a.a.O.).
Fazit
Den oben erwähnten Spielchen einiger Rechtspfleger wird damit ein Riegel vorgeschoben. Vielleicht sollte man schon den Antrag auf Prozesskostenhilfe ausdrücklich so formulieren, dass damit alle weiteren in der Instanz noch zu stellenden Anträge einschließlich Ansprüchen aus einem etwa noch zu schließenden Mehrvergleich umfasst werden sollen.
Quelle
LArbG Berlin-Brandenburg, Beschluss vom 01. Juni 2015 – 6 Ta 931/15 –, juris)